Ökologie beginnt beim „Drunter“

Ökologie sollte bei der Unterwäsche anfangen.

Das klingt jetzt erst mal bescheuert, aber sehen wir uns das Ganze ruhig näher an:

Viele Menschen kaufen Bio-Lebensmittel und auch ab und zu mal ein ökologisch produziertes Kleidungsstück. Wenn es aber um das „Drunter“ geht, dann wird oft immer noch konventionell gekauft.

Das ist aber der falsche Weg.

Die überwältigende Mehrheit dieser „normalen“ Wäsche besteht aus Kunstfaser, die schon bei der Produktion die Umwelt stark belastet, Gewässer und Luft vergiftet, nur extrem schwer recycelbar ist und außerdem Giftstoffe wie Weichmacher an Umwelt und Trägerin abgibt. Von den ausbeuterischen Arbeitsbedingungen bei der Produktion mal ganz abgesehen.

Und was die Baumwollsachen betrifft, kommen die zu beinahe 100 % aus riesigen Plantagen mit entsprechendem Pestizideinsatz, werden in Massenbetrieben unter weiterem Chemieeinsatz gefärbt, verarbeitet und von Arbeiter-/innen für Hungerlöhne in Billiglohnländern zusammengenäht, mit weiteren Chemikalien versehen, um z.B. Ungezieferbefall während des Transports um die halbe Welt zu verhindern. Dabei verursacht der Transport dann noch Emissionen, damit wir hier unsere Körper in flauschig-weiche Billigwäsche hüllen können. So ist es brav!

Aber warum sich darüber Gedanken machen? Die Teile sind doch bequem und sehen so cool und sexy aus und das ist doch nach wie vor alles was zählt oder?

„Na gut“, sagt ihr jetzt. „Dann sind wir eben mal umweltbewusste Mitbürger und suchen die Webseiten der wenigen Öko-Anbieter auf. Mal sehen, was die zu bieten haben.“

Und damit haben wir schon das nächste Problem. Obwohl es in den letzten Jahren schon viel besser geworden ist, gibt es immer noch viel zu wenige Anbieter, die Wäsche ist für Klein- und Normalverdiener erheblich zu teuer und außerdem- sagen wir es doch direkt- oft stinklangweilig, brav und bieder. Und wie ich aus eigener Test-Erfahrung sagen kann, in einigen Fällen auch keineswegs von der Qualität her besser als konventionelle Ware. Denn auch wenn die Fasern aus biologischem Anbau stammen, heißt das noch lange nicht, dass sie auch hochwertig und langlebig verarbeitet werden. Und wenn tatsächlich mal Spitze dran ist, handelt es sich oft ebenfalls um Kunstfaser oder recyceltes Plastik, was auch nicht wirklich ein sinnvoller Weg ist. man sollte ebenfalls nicht vergessen, dass auch für Bio-Baumwoll-Wäsche der Anbau in Monokulturen nötig ist, da sonst die benötigte Masse an Material für die Produktion nicht gewährleistet werden kann.

Also selbst nähen, was wohl den kreativsten und individuellsten Weg darstellt.

Schnittmuster gibt es mittlerweile genug im Web und sogar Firmen, die sich auf solche Kunden spezialisiert haben und alles anbieten, was Frau in dieser Hinsicht begehrt.

Dumm nur, dass ganz viele der dort angebotenen Materialien aus China und anderen Billiglohn-Länder stammen, deutlich nach Chemie riechen, beinahe grundsätzlich aus Kunstfaser bestehen und damit keinen Deut besser sind, als die Fertigware aus dem Kaufhaus oder vom Online-Händler.

„So! Und was sollen wir jetzt machen?“ sagt ihr.

Die perfekte Lösung habe ich auch nicht. Aber eine Alternative, mit der zumindest die Kreativen unter euch einigermaßen leben können:

  • Recycelt! Näht eure Unterwäsche aus gebrauchen T-Shirts, nicht mehr benötigter Kleidung aus Seide, Leinen und Baumwolle, sucht nach unbenutzten Stoffresten und Spitzen in Second-Hand-Läden, Sozialen Kaufhäusern, im Internet und auf Flohmärkten. Oft findet ihr dort noch Stoffe aus den 50er Jahren und früher, die erheblich weniger schadstoffbelastet sind.
  • Lernt, wie man auch aus nicht dehnbaren Stoffen Wäsche näht. Unsere Großmütter kannten gar nichts anderes! Und die Sachen sind überraschend praktisch und bequem, vor allem, wenn man sie etwas modernisiert. Damit erweitert ihr eure Möglichkeiten in Hinsicht auf das Material erheblich.
  • Kauft GOTS-zertifizierten Stoff oder Bio-Stoffe. Hinterfragt, woher die Stoffe, Spitzen und Fasern kommen, wie sie gefärbt wurden und ob sie von kleineren Produzenten stammen, denen Pflanzenvielfalt und Bodengesundheit wichtig sind.
  • Kauft bei den Spezialanbietern im Net nur Unvermeidliches wie Gummibänder und Verschlüsse aus Metall. Vermeidet in dieser Hinsicht Plastik und Kunstfaser!
  • Verwendet besser Baumwollsatin als solchen aus Seide. Er ist langlebiger, leichter zu waschen und es müssen keine Seidenraupen für die Produktion sterben.
  • Denkt auch an Stoffe wie dünnes Leinen. Leinen kostet mehr, ist aber die langlebigste Faser überhaupt und selbst konventionell angebaut weit weniger schadstoffbelastet als vergleichbare Baumwolle.
  • Färbt Stoffe selbst ein. Das ist zwar nicht ideal, aber es ist immer noch besser, kontrollierte und schadstoffarme Farben einzusetzen, als der Industrie zu vertrauen. Noch immer werden viele konventionell gefertigte Stoffe total „überfärbt“, weshalb sie stark ausbluten und die Farben enthalten (besonders bei Stoffen aus Indien) extrem viele Schadstoffe, die teilweise in der EU schon seit Jahrzehnten verboten sind.
  • Seid kreativ, widersetzt euch Normen, folgt eurem eigenen Geschmack! Tut einfach, was ihr könnt, auch wenn es nicht perfekt ist.

Eine ganz gute Adresse für Bio- und GOTS-Stoffe und Spitzen ist www.naturstoffe.de. Schnittmuster bekommt ihr bei „www.sewy.de“

Die auf den Fotos gezeigte Wäsche ist komplett selbst

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genäht aus Baumwollsatin und antiker Spitze ( es funktioniert mit moderner Baumwollspitze genauso!)

Ich bin keine begnadete Näherin, aber ich habe es trotzdem geschafft, etwas halbwegs ökologisch Vertretbares, individuelles und auch einigermaßen Hübsches zu produzieren. Und wenn ich das kann, dann schafft IHR das auch!